Die Global Reporting Initiative (GRI) präsentierte am 24. Mai 2013 auf ihrer Konferenz ‚The next evolution in sustainability reporting‘ in Amsterdam die neue Generation der GRI Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinien.
Mit den GRI G4 Richtlinien wird eine neue Ära in der Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeläutet. Anstelle von einer ‚tick-the-box‘ Übung sollen Unternehmen in Zukunft die wesentlichen und relevanten Themen anhand der Signifikanz für das Unternehmen und der Bedeutung für die verschiedenen Interessensgruppen identifizieren und darüber berichten. Bei dieser Wesentlichkeitsanalyse ist es wichtig nicht nur die Unternehmensperspektive in die Analyse einfließen zu lassen, sondern die Ansichten der Interessensgruppen miteinzubeziehen.
Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen:
– Firmen wie Shell, Holcim, Geberit, Lafarge und weitere haben seit ein paar Jahren Berichterstattungspanels einberufen, um gemeinsam die wesentlichen Themen zu identifizieren und sicherzustellen, dass diese im Nachhaltigkeitsbericht richtig reflektiert werden.
– Eine andere Option ist die Identifikation der wesentlichen Bereiche anhand von Interviews mit einer größeren Anzahl von Interessensgruppen. Der Vorteil der Wesentlichkeitsanalyse ist, dass die Leser von Nachhaltigkeitsberichten besser verstehen, in welchen Bereichen das Unternehmen den größten Impact oder Einfluss hat. Somit fokussiert sich die Berichterstattung auf die Bereiche, die für das Unternehmen wie auch die Interessensgruppen am wichtigsten sind. Unternehmen, die seit Jahren einen Nachhaltigkeitsbericht publizieren, werden mit größter Wahrscheinlichkeit weiterhin die Informationen zu allen GRI-Indikatoren publizieren, da dies von einigen Interessensgruppen erwartet wird.
Für Erstberichterstatter oder KMUs ist der Aufwand einer Wesentlichkeitsanalyse etwas grösser, dafür können sie sich anschliessend auf die wesentlichen Themen fokussieren und nur die Daten erheben, die wirklich relevant sind. Weitere wichtige Änderungen und Neuigkeiten der GRI G4 Richtlinien sind:
– Abschaffung der Anwendungsebenen: Die Anwendungsebenen A, B und C sowie das „+“ für die externe Überprüfung werden durch ein zweistufiges System „core“ und „comprehensive“ ersetzt. Bei der Kategorie „core“ werden 34 verschiedene Profilangaben plus die relevanten ökonomischen, ökologischen und sozialen Indikatoren erwartet und bei der Kategorie „comprehensive“ sind es insgesamt 58 Standardindikatoren. Falls eine bestimmte Kennzahl nicht relevant ist oder aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlicht wird, oder erst erfasst werden muss, wird erwartet, dass dies im Bericht erläutert wird. Anstelle des „+“ ist die externe Überprüfung neu ein integraler Bestandteil des GRI-Indexes mit dem Vorteil, dass klar ersichtlich wird welche Bereiche extern überprüft worden sind.
Für die externe Überprüfung bestehen folgende Optionen: externe Überprüfung durch Wirtschaftsprüfer, Feedback von Experten oder Begleitung des Berichterstattungsprozesses durch externe Berichterstattungspanels. Firmen wie zum Beispiel Holcim haben sich für eine Kombination aus Datenüberprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer und einem Berichterstattungspanel entschieden. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit eines Nachhaltigkeitsberichtes.
– Inhaltliche Ergänzungen und Änderungen beinhalten die GRI G4 Richtlinien in den Bereichen Governance, Ethik und Integrität, Lieferketten, Anti-Korruption sowie Treibhausgasemissionen. Dabei kann insbesondere die neue Anforderung zur Offenlegung der Gehälter eine Herausforderung darstellen, die bei der Variante „comprehensive“ erwartet wird.
– Definition der Grenzen der Berichterstattung: Nicht nur Einfluss und Kontrolle bestimmen die Grenzen, sondern Unternehmen müssen sich auch überlegen, in welchen Bereichen der Wertschöpfungskette das Unternehmen wesentliche soziale, ökologische und ökonomische Auswirkungen hat.
– Zwei separate Dokumente: Die G4 Richtlinien bestehen aus den Berichterstattungsprinzipien und Indikatoren sowie einem Umsetzungshandbuch. Sie referenzieren andere wichtige Regelwerke (OECD, UNGC, UN Guiding Principles) und verweisen auf die integrierte Berichterstattung. Bis zum 31.12.2015 können Unternehmen noch Nachhaltigkeitsberichte nach G3 und G3.1 bei der GRI einreichen, anschliessend werden nur noch Berichte nach G4 akzeptiert. G4 Pioniere, die ihren 2013 Nachhaltigkeitsbericht nach G4 verfassen werden, haben die Möglichkeit bei der neu gestarteten Monitoring Phase mitzumachen. Ziel dieser Pilotphase ist es die Stärken und Schwächen bei der Anwendung von G4 zu verstehen und mit den teilnehmenden Unternehmen auszutauschen.
Weitere wichtige internationale Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung sind der Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien: Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, 20 Mio. Euro. Euro Bilanzsumme und 40 Mio. Euro Umsatz – das sind in der EU etwa 18.000 Unternehmen – sollen künftig relevante Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, Menschenrechten, Korruptionsbekämpfung und Diversitätspolitik offenlegen.
Der EU-Vorschlag wurde zeitgleich zur Präsentation des Frameworks zur integrierten Berichterstattung lanciert. Ziel ist laut IIRC (International Integrated Reporting Committee) die Darstellung von finanziellen und nicht-finanziellen Informationen in einem einzigen Bericht, um Unternehmen bei strategischen Entscheiden zu unterstützen und gleichzeitig externen Interessensgruppen. Ein integrierter Bericht unterstützt ein Unternehmen dabei, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen und hilft Aktionären und anderen Stakeholdern, die Leistung des Unternehmens umfassend zu bewerten und zu verstehen. Ziel von GRI ist es, dass auch die G4 Richtlinien ein integraler Bestandteil von integrierten Berichten wird. Die Zukunft liegt sicher im integrierten Denken.