Der Weg zur Gesundheit unseres Planeten führt durch unsere Mägen.
Dr. Barbara Dubach und Prof. Dr. Alexander Mathys haben diesen Artikel mitverfasst, der in einer Verlagsbeilage zum Thema Nachhaltigkeit in der NZZ im September 2021 veröffentlicht wurde. Den Originalartikel in deutscher Sprache finden Sie hier.
Alternativen zu tierischen Produkten und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen sind zentrale Aspekte nachhaltiger Lebensmittelsysteme.
Der weltweite Nahrungsmittelbedarf wird bis 2050 um bis zu 56 Prozent steigen. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion haben bereits einen großen Einfluss auf die globale Ressourcennutzung und damit auch auf die ökologische Nachhaltigkeit. Gleichzeitig führt eine schlechte Ernährung zu erheblichen Gesundheitsproblemen, und ernährungsbedingte Krankheiten sind weltweit eine häufige Todesursache. Die Sicherstellung einer angemessenen Ernährung bei gleichzeitiger Minimierung der negativen Umweltauswirkungen wird daher immer wichtiger. Die Lebensmittelsysteme auf der ganzen Welt müssen sich dieser Herausforderung stellen, um mehr Nachhaltigkeit in der menschlichen Ernährung zu erreichen.
Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Nachhaltiges Wirtschaften: ressourceneffizient, nachhaltig, innovativ“ (NFP 73) hat die Forschungsgruppe „Nachhaltige Lebensmittelverarbeitung“ der ETH Zürich eine Nachhaltigkeitsbeurteilung der globalen Ernährungssysteme durchgeführt. Sie kam zu dem Schluss, dass Alternativen zu tierischen Produkten und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen zentrale Aspekte nachhaltiger Lebensmittelsysteme sind.
Welche Ernährung ist nachhaltiger?
Einfach kein Fleisch essen: Das wäre in vielen Bereichen gut für die Umwelt, aber eine vegetarische oder vegane Ernährung führt oft zu einem Mangel an bestimmten Mikronährstoffen (z. B. Vitamin B12), die wir hauptsächlich über tierische Produkte zu uns nehmen. Diese Mikronährstoffe sind für eine ausgewogene Ernährung unerlässlich. Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass für die Schweiz eine Ernährung mit begrenzten Mengen an tierischen Lebensmitteln gemäss den Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung am nachhaltigsten ist: Sie reduziert den ökologischen Fussabdruck um 36%, die Ausgaben um 33% und die negativen gesundheitlichen Auswirkungen um 2,67% im Vergleich zur heutigen Ernährung. Vegetarier und Veganer können die fehlenden Mikronährstoffe mit pflanzlichen Quellen, Protozoen und/oder Nahrungsergänzungsmitteln decken, wenn die Bioverfügbarkeit und Absorption gewährleistet werden kann. Eine wesentliche Änderung gegenüber
Die Umstellung von tierischen Produkten auf Lebensmittel auf Basis von Pflanzen und einzelligen Organismen wie Mikroalgen wäre daher in Ländern wie der Schweiz von Vorteil.
Verringerung der weltweiten Lebensmittelverschwendung
Angesichts der begrenzten Ressourcen sind jedoch nicht nur nachhaltigere Nahrungsquellen erforderlich, sondern auch eine Verringerung der weltweiten Lebensmittelverschwendung. Jedes Jahr wird weltweit etwa ein Drittel aller Lebensmittel verschwendet oder vernichtet (1,3 Milliarden Tonnen weltweit und 2,6 Millionen Tonnen in der Schweiz). Dies entspricht weltweit einem durchschnittlichen Gewicht von 65 kg pro Person und Jahr auf Verbraucherebene. Innovative Ansätze sind daher dringend erforderlich, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden oder zu reduzieren und weggeworfene Lebensmittel wiederzuverwenden.
„Soziale Innovationen, veränderter Konsum sowie grundlegend neue Technologien sind für nachhaltigere Lebensmittelsysteme unerlässlich.“
Prof. Dr.-Ing. Alexander Mathys, ETH Zürich
Um unsere Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu gestalten, werden die folgenden Empfehlungen ausgesprochen:
- Nationale und globale politische Entscheidungsträger sollten auf der Grundlage ganzheitlicher Nachhaltigkeitsanalysen Schlüsselbereiche für die Verbesserung der Lebensmittelsysteme festlegen und ihnen zum Nutzen der menschlichen und planetarischen Gesundheit Vorrang einräumen.
- Die Schweizerinnen und Schweizer sollten mehr Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Früchte und Gemüse essen, den Fleischkonsum auf ein gesundes Mass beschränken und deutlich weniger Lebensmittel wegwerfen.
- Die Lebensmittelindustrie sollte sich auf eine ganzheitliche Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferketten konzentrieren. So könnten sie wirtschaftlich profitieren und gleichzeitig das Wohl der Gesellschaft fördern.
Prof. Dr.-Ing. Alexander Mathys ist Assistenzprofessor (Tenure Track) für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung an der ETH Zürich.
Dr. Barbara Dubach ist Leiterin des Wissenstransfers beim NFP 73 sowie Gründerin und Geschäftsführerin von engageability.